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Liegenschaft Petersgraben Basel 
Einwohnergemeinde Basel-Stadt   Gesamtsanierung   Ausführung 2013 - 2015   Merki Schmid Architekten

Das historisch bedeutsame Altstadthaus «Zum oberen Samson» weist auf das frühe 15. Jahrhundert zurück. Letzte prägende bauliche Eingriffe datieren in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die notwendige Gesamtsanierung der Liegenschaft hatte einen zeitgemässen hohen Komfort für Mietwohnungen zum Ziel. Die Arbeiten mussten in Abstimmung mit der historischen Bausubstanz und Ausstattung erfolgen, was für den Projektverlauf einige Herausforderungen brachte.

 

Ausgangslage
Die Liegenschaft Petersgraben 20 «Zum oberen Samson» ist im Besitz der Einwohnergemeinde Basel-Stadt und steht unter Denkmalschutz. Sie besteht aus drei Wohngeschossen, einem nicht ausgebauten Dachstock sowie einem Flachdachteil zur Hofseite, welcher als Terrasse genutzt wird. Das Gebäude ist nur teilweise unterkellert, unter anderem mit einem massiven Gewölbekeller. In einer Hofecke tritt ein Turm mit einem Pyramidendach leicht aus den Gebäudefluchten hervor. Mit dem anschliessenden Eckhaus bildet die Liegenschaft ein zusammenhängendes Ensemble, welches über mehrere Jahrhunderte in einer Hand vereint war. 

Bauarchäologische Untersuchungen und historische Schriftquellen bestätigen die aussergewöhnliche Geschichte dieses stattlichen Wohnhauses, das sich im Besitz zahlreicher angesehener Persönlichkeiten befand, darunter des bedeutenden Arztes, Wissenschaftlers und Sammlers Felix Platter (1536–1614).

Die erste urkundliche Überlieferung des Hauses stammt aus dem Jahr 1436. Dendrochronologische Untersuchungen des Dachwerks und der Balkendecken erbrachten hingegen den Nachweis, dass der strassenseitige Teil bereits aus der Zeit um 1396 stammen muss. Der Baukörper deutet in seinen Dimensionen auf besondere Nutzungen hin. So lassen Raumhöhen von über 3.5 Metern und durchgespannte Deckenbalken lassen auf offene, hallenähnliche Geschosse ohne Binnenunterteilungen schliessen.

Mit Türdurchbrüchen zum repräsentativeren Eckgebäude verbunden, erhielt der Bau zeitweise die Funktion eines Flügeltrakts, dessen Ausstattung beachtliche Qualitäten aufwies: Zahlreiche freigelegte Malereifragmente zeugen von reich dekorierten Innenräumen.

Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Haus hofseitig um eine zusätzliche Raumschicht mit Flachdach erweitert. Der Abortturm erfuhr nun anstelle eines Zugangs über einen Laubengang eine Anbindung an das neu geschaffene Treppenhaus. Das heutige Aussehen mit den Raumaufteilungen und dem Innenausbau stammt mehrheitlich aus dieser Zeit. 

Aufgabe und Projektziele
In den letzten Jahrzehnten dienten die geschichtsträchtigen Räume als Wohnraum für Studierende. Das Gebäude und die spärlichen Haustechnikinstallationen waren stark sanierungsbedürftig.

Das Haus sollte vollständig renoviert und für drei Geschosswohnungen für gehobene Ansprüche umgebaut werden. Der geschichtlich und konstruktiv bedeutende Dachstuhl soll auch weiterhin unausgebaut bleiben.

Neben einem zeitgemässen Wohnkomfort war eine hohe Energieeffizienz mit dem Erreichen der Minergie-Eco-Zertifizierung gefordert. Im Weiteren mussten die gesetzlichen und bautechnischen Anforderungen wie Erdbebenertüchtigung, Akustik, Bauphysik und Brandschutz umgesetzt werden. Diese vielseitigen Bedingungen standen oft im Widerspruch zum Erhalt der historischen Bausubstanz und Ausstattung. Sie mussten während den Rückbau- und Renovationsarbeiten immer wieder auf deren Verträglichkeit überprüft und in engem Kontakt der Planer mit der Bauherrschaft und den Ämtern vereinbart werden, sodass alle Bedürfnisse zufriedengestellt werden konnten.

Während der Projektierungsarbeit wurde das Konzept als Beitrag für den 2. Basler Modernisierungswettbewerb eingereicht. Die Fachjury hat den Beitrag mit einem Preis für das Planerteam und einem Förderbeitrag ausgezeichnet.

Projekt
In den drei Wohngeschossen wurden die im 19. Jahrhundert eingebauten nichttragenden Trennwände entfernt und die ursprünglich grosszügige Raumgeometrie wieder hergestellt. Die Räume zur Strasse eignen sich somit für attraktive, offene Koch-/ Ess- und Wohnbereiche. Die ehemaligen hofseitig orientierten Küchen wurden neu zu Badezimmern umfunktioniert. Eine zweite Nasszone liegt jeweils am Ende der geräumigen Wohnungsgänge.

Die Neubauteile heben sich von den sanierten oder nachgebauten Ausstattungen subtil ab und treten in einen spannenden Dialog mit den historischen Räumen.

Wie bei den Badezimmern sind auch die Küchen als frei im Raum stehende Kuben konzipiert. Die Wände mit teilweise profilierten Holzsockeln und Täferungen bleiben dadurch unberührt. Durch die Positionierung der möbelartigen Körper können der Nutzung entsprechende Raumzonen geschaffen werden. Die grossen, hohen Räume bleiben trotz der Einbauten weiterhin als Ganzes gut erlebbar.

Der an das Treppenhaus angegliederte Turm wird neu für Waschküchen für die jeweilige Wohnung genutzt.

Im Hof wurde dem Vorbild früherer Gestaltungen folgend ein Stadtgarten mit einer einfachen Formensprache angelegt. Dabei konnten bestehende Pflaster- und Mauersteine für die Wege und Plätze wiederverwendet werden.

Für die zentrale Einführung der Werkleitungen und die Haustechnikanlagen wurde eigens ein neuer Raum im nicht unterkellerten Bereich geschaffen. Dies ermöglichte es, die historischen Kellerräume frei von Installationen zu halten. Die Wohnungen werden von einer zentralen Lüftungsanlage im Dachstock mechanisch be- und entlüftet. Die Verteilung zu den Zimmern war im mittig liegenden Gang und aufgrund der beträchtlichen Raumhöhe in abgehängten Decken gut realisierbar.

Die Renovation mit wärmedämmender Gebäudehülle (u.a. mit Fassaden-Dämmputz), Fernwärme, Komfortlüftung und konsequenter ökologischer Bauweise erhielt das Label Minergie-Eco. Das Mehrfamilienhaus ist gesamtschweizerisch erst das dritte Gebäude, das nach diesem ökologischen Standard saniert wurde.

 

Fotos
Tom Bisig